Theodor Weißenborn

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Theodor Weißenborn (* 22. Juli 1933 in Düsseldorf) ist ein deutscher Schriftsteller.

Leben und Werk

Theodor Weißenborn ist der Sohn eines akademischen Kunstmalers und einer Kunsterzieherin. Nach der Reifeprüfung in Düsseldorf studierte er Kunstpädagogik an der Düsseldorfer Kunstakademie. Er brach dieses Studium ab und verlegte sich auf die Fächer Philosophie, Germanistik, Romanistik und medizinische Psychologie; Studienorte waren die Universitäten in Düsseldorf, Köln, Bonn, Würzburg und Lausanne.[1] Nachdem er 1956 in Lausanne sein Examen (Degré Supérieur de Français Moderne[1]) gemacht hatte, folgten weitere Studien in Psychologie und Psychiatrie an der Universität zu Köln.

Weißenborn, der dem Verband deutscher Schriftsteller und seit 1973[1] dem PEN-Zentrum Deutschland angehört, ist in erster Linie Verfasser von sozialkritischen Erzählungen und Hörspielen mit einem Hang zur Groteske, aber auch Lyriker, Essayist und Satiriker. Seine Texte wurden in 26 Sprachen übersetzt.

Er ist ständiger Autor in der kommunistisch-sozialistischen Monatsschrift "RotFuchs".

Theodor Weißenborn lebt in Gerolstein.

Einzeltitel

  • Beinahe das Himmelreich, Donauwörth 1963
  • Außer Rufweite, München 1964
  • Eine befleckte Empfängnis, Zürich 1969
  • Die Stimme des Herrn Gasenzer, München 1970
  • Brief einer Unpolitischen, Schwarzenacker 1971 (zusammen mit Bernd Müller-Dennhof)
  • Handbuch für deutsche Redner, Wuppertal-Barmen 1971
  • Theodor Weißenborn, Bernd Müller-Dennhof, Schwarzenacker (Saar) 1972 (zusammen mit Bernd Müller-Dennhof)
  • Eingabe an den Herrn Minister, Schwarzenacker 1973 (zusammen mit Bernd Müller-Dennhof)
  • Krankheit als Protest, Starnberg 1973
  • Das Liebe-Haß-Spiel, Tübingen [u. a.] 1973
  • Heimkehr in die Stille, Heilbronn 1975
  • Der Sprung ins Ungewisse, Stuttgart 1975[2]
  • Blaue Bohnen, scharfe Messer, Reutlingen 1976
  • Sprache als Waffe, Hannoversch Münden 1976
  • Der Wächter des Wales, Berlin [u. a.] 1976
  • Geistlicher Nachlaß, Duisburg 1977
  • Gesang zu zweien in der Nacht, Stuttgart 1977
  • Thanatos (Hörspiel, BR), 1977
  • Die Killer, Köln 1978
  • Als wie ein Rauch im Wind, Freiburg [u. a.] 1979
  • Polyglott, Duisburg 1979
  • Waisenkindes Herzeleid, Köln 1979
  • Das Haus der Hänflinge, Freiburg [u. a.] 1980
  • Gespenster im Abraum, Husum 1983
  • Kopf ab zum Gebet! Trier 1984
  • Das Sein ist das Nichts, Berlin 1984
  • Zu den Kellergebrüchen, Düsseldorf 1984
  • Die Paten der Raketen oder Briefe aus der Provinz, Trier 1986
  • Die Sache mit Dad und andere Erzählungen, Stuttgart 1986
  • Das steinerne Meer, Stuttgart 1986
  • Alchimie, Stuttgart 1987
  • Fegefeuer, Stuttgart 1987
  • Oszillation, Homburg-Schwarzenacker 1987 (zusammen mit Gerhard Hintschich)
  • Opfer einer Verschwörung, Stuttgart 1988
  • Der Sündenhund, Bad Homburg 1990
  • Blasphemie, Neumünster 1992
  • Hieronymus im Gehäus, Berlin 1992
  • Der Kaiser hat einen Vogel, München 1992
  • Vom Zauber der kleinen Dinge, Konstanz 1994
  • Die Wohltaten des Regens, Halle 1994
  • Das Geheimnis der Truhe, Konstanz 1994
  • Tage der Stille – Tage des Glücks, Asendorf 1997
  • Pro ecclesia, Winsen/Luhe 1998
  • Der Nu oder Die Einübung der Abwesenheit, Siegen 1999
  • Felici, Düsseldorf 2000 (zusammen mit Clas D. S. Steinmann)
  • Fragmente der Liebe, Siegen 2000
  • Brot für die Seele, Würzburg 2001
  • Insel im Strom, Siegen 2001
  • Die Frau, die meine Tochter war, Regensburg 2002
  • Zeiten des Abschieds, Siegen 2002
  • Werke, hrsg. von Günter Helmes. Siegen: Carl Böschen Verlag 2002–2003
    • 1. Erzählungen, 2002
    • 2. Hörspiele, 2002
    • 3. Gedichte, 2003
    • 4. Briefsatiren, 2003
    • 5. Romane, 2002
    • 6. Diversa, 2003
  • Zwischen den Stämmen, 2003
  • Rüstung – jein und amen! Siegen 2003
  • Der Hund im Thyssen-Kanal
  • Das Verschwinden der Zeit am Nachmittag. Erzählungen. Weilerswist 2007
  • Die Welt im Haigerloh. Ausgewählte Prosa. Weilerswist 2010
  • Die Madonna im Steinbruch. Kirchengeschichten, Satiren, Miszellen. Weilerswist 2010
Herausgeberschaft
  • Joseph Alois Gleich: Udo, der Stählerne, Stuttgart 1988
  • Die Erklärung. Ausgezeichnete Kurzgeschichten. Hrsg. von Peter Härtling, Theodor Weißenborn, Rudolf Otto Wiener. Quell-Verlag, Stuttgart 1988
  • Es ist besser, eine Kerze anzuzünden als über die große Finsternis zu jammern. Nützliche Gespräche. Weilerswist 2008
Gespräche (Auswahl)
  • Worüber man nicht schweigen kann, davon muß man sprechen. Wolfgang Thorns sprach mit Theodor Weißenborn. In: Theodor Weißenborn: Diversa (= Werke. Band 6). Carl Böschen Verlag, Siegen 2003, ISBN 3-932212-39-8, S. 269–286.
  • Gespräche über Bäume oder Die Wiederkehr des Verdrängten. Fragen an Theodor Weißenborn (von Barthold C. Witte). In: Theodor Weißenborn: Diversa (= Werke. Band 6). Carl Böschen Verlag, Siegen 2003, ISBN 3-932212-39-8, S. 287–294.
  • Zwischenbilanz. Ein Briefgespräch zwischen Martin Wollschläger und Theodor Weißenborn. In: Theodor Weißenborn: Diversa (= Werke. Band 6). Carl Böschen Verlag, Siegen 2003, ISBN 3-932212-39-8, S. 325–354.
  • Literaturtheorie und literarische Praxis. Ein Germanist befragt einen Autor (mit Günter Helmes). In: Theodor Weißenborn: Diversa (= Werke. Band 6). Carl Böschen Verlag, Siegen 2003, ISBN 3-932212-39-8, S. 355–386.

Hörspielproduktionen

Unter anderem in Prag, Wien, Zürich, Warschau, Budapest, Paris, Rom, Dublin, London, Sydney, Wellington, Toronto, Johannesburg, Helsinki, Ljubljana, Kopenhagen und Reykjavik.

Einzelpublikationen

Rezeption

Kritiken

„Weißenborn, längst bekannt als Erzähler, Romancier und Hörspielautor von internationalem Rang, ist offen für existentielle Nöte, die über die Einzelexistent hinausgehen. Er analysiert und rechnet ab, und zwar von Anfang an leidenschaftlich literarisch. Und das Gleichnis des Windes gibt seiner Prosa Bewegung und Beweglichkeit, Tempo, Rapidität.“

Karl Krolow

„Weißenborn hat mich das Fürchten gelehrt.“

„Weißenborns Roman („Als wie ein Rauch im Wind“) erinnert an die großen epischen Bewußtseinsströme von James Joyce und Hermann Broch. Eine sprachliche, psychische, gesellschaftskritische, erotische, religiöse Polysemantik von außerordentlicher Dichte konzentriert sich in diesem Bewußtseinsstrom. Der kundige Leser kann Buber und Wittgensteinsche Spuren, sozialpsychologische Anstöße Erich Fromms und Ronald D. Laings entdecken. Aber das Wissen ist eingeschmolzen in die dialogische, in mythische Gründe reichende Rede. - Aufs Ganze gesehen hat Weißenborn einen unerhört bewußten, streng perspektivischen Roman von mythischer Dimension geschrieben. Dieses Requiem für einen Ungeliebten hat in deutscher Sprache nichts Vergleichbares. .“

„In der Person des Autors trifft künstlerisches Sprachvermögen mit differenziertem und kritisch geschultem psychiatrischen Sachverstand zusammen, jenseits von falschem Pathos, voreiliger Parteinahme und denunziatorischem Urteil.“

Prof. Dr. Dr. Klaus Dörner

„Weißenborn ist ein Mann mit Kunstverstand, vielseitig studiert und bewandert. In der Erzählung „Eine befleckte Empfängnis“ gelingt ihm das seltene Beispiel einer Imitatio animae, die dichterische Stimmführung eines Ichs, aus der mehr resultiert als Rollenprosa. Einzigartig, wie hier Wahn und Naivität ineinandergehen. Das Heilserwarten einer armen Kreatur, die in der sexuellen Vereinigung die Kommunion erkennt, und dann der schauerliche Umschlag ins Erschrecken, das Erwachen in Umnachtung. Gespanntere, tiefere Versenkung ist kaum möglich, und nur Bigotterie kann daran Anstoß nehmen. - Es ist Dichtung..“

„Diese bis in die Nuance von Sinn und Syntax reichende Genauigkeit des poetischen Ohrs - ein in unserer Literatur überaus seltener Fund!“

Prof. Dr. Ulrich Sonnemann

„Ich finde die Geschichte („Eine befleckte Empfängnis“) gut, finde Ort, Personen und Handlung genau richtig platziert und sehe im Übrigen einen tiefen religiösen Sinn in dieser Leidensgeschichte einer Magd.“

„Weißenborn, ein von strengem Ethos und vom Wissen um radikale Verantwortlichkeit geleiteter Detektiv des Verdrängten, gleicht darin Wolfdietrich Schnurre, dem anderen Grandseigneur jener hohen Kunst, die existentielles Grunderleben, soziales Bewußtsein und Poesie in Literatur von außerordentliche Rang überführt.“

Prof. Dr. Günter Helmes

„Weißenborns Figuren sind Patienten in der Grundbedeutung des Wortes: Leidende, die an dem Ausgestoßensein aus der Gesellschaft zugrunde gehen. Mit exaktem psychologischem Realismus legt der Autor Schicht um Schicht ihres Charakters, ihres sozialen Milieus, ihres gescheiterten Lebens bloß. Ihre Träume und Ängste, Hoffnung und Verzweiflung offenbaren Grundmuster menschlichen Verhaltens. So gehen diese sprachlich meisterhaft durch Assoziationen ausgelösten Monologe über die Bedeutung klinischer oder soziologischer Studien hinaus; sie gewinnen in der virtuosen Verflechtung poetischer Fiktion und realer Vorgänge prägnante Gleichniskraft für die Hinfälligkeit des Menschen.“

„Wie Weißenborn seine Aufgabe (die Pathographie) künstlerisch bewältigt, das macht diese dichterischen Plädoyers zu bedeutender Literatur.“

„Wenn Weißenborn Verdrängtes neu belebt, die Idyllen kippen läßt und einen neuen Sprach- und Erzählgestus nutzt, überzeugt er mit einer unheimlichen, grotesken Bilderwelt, in der sprachliche Grenzen und Konventionen überwunden und assoziative, an pathologische Obsessionen erinnernde Traumwelten freigesetzt werden.“

„Dies ist die „Summa“ der Weißenbornschen Sprachkunst: die Naturlaute des Regens und des Windes werden für den wachträumenden Komponisten Stephen Wanderer zu musikalischer Urmaterie, den Sinnen zur Aisthesis dem formenden Geist zur Deutung aufgegeben. So entstehen seine Opera die „Silent Voices“ und „Les Messages du Vent“ - Assoziationsketten, Bildfolgen werden zu Takten, Klängen, Melodien, in einer Welt, „die sich umfängt wie alles, zu dem sie spricht und dem sie lauscht, damit nicht Stimme und Ohr, sondern Stimmengehör und Ohrenlied ist.“ Musik und Sprache, Sprache und Musik verschmelzen zu untrennbarer Einheit, über viele Seiten hin, in einem Rhythmus, der den lesenden Hörer gefangennimmt wie Ravels „Boléro“..“

Dr. Günter Geschke

Auszeichnungen

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Alchimie (1987), Klappentext im Innenumschlag hinten.
  2. Häufige Neuauflagen; auch in: Voller Freude leben. Geschichten nicht nur für Konfirmanden. St. Johannis, Lahr 1995, ISBN 3-501-01243-8.